Liebe Leserin, lieber Leser,
in diesem Jahr lassen wir das Totengeläut am Karfreitag um 15.00 Uhr, die sonst nur bei Beerdigungen erklingen. Vielleicht können Sie sie hören und einen Moment innehalten.
Wir erinnern an den Tod Jesu am Kreuz, von dem die Evangelien berichten, er sei um drei Uhr eingetreten. Der Karfreitag ist der Tag der Trauer um Jesus. Das Wort stammt von dem alten deutschen Wort Kara= Trauer.
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.
Jesus hat diese Worte aus dem 22. Psalm gesprochen, kurz bevor er starb. Ein verzweifelter Hilferuf, ein Schrei aus größter Bedrängnis.
Ich versuche mir diese grausame Situation vorzustellen, wie Jesus da am Kreuz hängt in der Hitze, die Dornenkrone stechend auf seinem Kopf, die quälenden Schmerzen der Nägel an seinen Händen und Füßen.
Schon die Vorstellung ist kaum auszuhalten.
Und mitten in der Not ruft er gen Himmel „Eli, Eli, lama asawtani?“ Vielleicht ist es ein wütender Aufschrei, vielleicht betet er auch eher flehentlich. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Ich denke an die Menschen, die in diesen Tagen leiden, die Angst haben oder sich mit ihren Sorgen alleingelassen fühlen und vielleicht auch nach Gott fragen: Wo bist Du Gott? Wie kannst Du das zulassen?
Der Karfreitag zeigt ihnen und uns allen:
Jesus am Kreuz ist uns nahe in dem, was wir an Schwerem durchmachen.
Er ist unseren Klagen nie fern. Er weint mit uns. Er versteht uns, er fleht mit uns. Er kennt es, verzweifelt zu sein. Er ist es, der mit uns schreit: „Warum hast du mich verlassen?“. Ja, damit leidet letztlich Gott selbst mit uns. Doch auch dieses Mit-Leiden ist nicht das Ende, ist nicht das Letzte. Es ist nur das Vorletzte. Gott hilft. Er lässt Jesus nicht im Tod.
Ostern ist nahe.